Sexistisches Verhalten

Sexistisches Verhalten

Teil II: Täter, Opfer und stiller Beobachter

Im ersten Teil habe ich mit dir hinter die Fassade des Sexismus geschaut. Heute möchte ich deine Aufmerksamkeit auf die drei Akteure innerhalb des Sexismus richten: Sexist, Opfer und „stiller Beobachter“.

Jeder sollte sich einmal fragen: Bin ich selbst sexistisch, ohne es zu wollen oder zu bemerken? Bin ich vom Sexismus betroffen, ohne mich gewehrt zu haben oder ihn als solchen erkannt zu haben? Oder schaue ich Sexismus als Beobachter ins Gesicht und sage nichts, aus Angst selbst ausgegrenzt zu werden?

Sexismus ist leider immer noch so alltäglich und gewöhnlich, dass er vielen schon gar nicht mehr auffällt.

Grundlage des Sexismus

Grundlage des Sexismus und Rollendenkens ist die Degradierung der Weiblichkeit zu Schwäche und Unterlegenheit. Auch heute gilt noch, wer stark sein möchte, muss sich von dem abgrenzen, der es nicht ist. Ich bin anders, ich bin besser.

Die stereotype Rolle des Mannes

Das „starke Geschlecht“ ist organisiert und geht analytisch vor. Dominanz, Überlegenheit, Durchsetzungskraft, Einfluss, Kontrolle, Leistung, Stärke, Sicherheit, Macht und Ansehen werden ihm zugeschrieben. Als Mann bist du nicht schwach.

Die stereotype Rolle der Frau

Von dem „schwachen Geschlecht“ wird vor allem erwartet schön zu sein. Ihrer eigenen Emotionalität scheinbar ausgeliefert, gilt Weiblichkeit als Beeinträchtigung. Hilflosigkeit, Mitgefühl, Verletzlichkeit, Unvermögen, Ohnmacht, Unfähigkeit, Labilität, Unsicherheit und Naivität werden ihr nachgesagt. Als Frau bist du nicht stark.

Die sexistische Frau

Sexistische Frauen treten dominant und fordernd in Erscheinung. Sie haben Probleme ihre Emotionen auszudrücken. Oftmals können sie mit anderen Frauen wenig anfangen und fühlen sich unter Männern sehr viel wohler.

Sexismus spielt sich bei ihnen subtil und oft hinter vorgehaltener Hand ab. Fühlt sich die sexistische Frau bedroht, sind Lästern, Mobbing, Intrigen und Manipulation ihr Werkzeug, um die Situation und ihre eigene Angst vor der Weiblichkeit unter Kontrolle zu halten.

Ihre Opfer können Frauen und Männer gleichermaßen sein. Schwäche und Emotionen kann sie bei anderen ebensowenig akzeptieren, wie bei sich selbst. Dominanz, Unnahbarkeit und verbaler Angriff sind ihre Verteidigung, niemand darf ihre "schwache" Seite bemerken - nicht einmal sie selbst.

Der sexistische Mann

Sexistische Männer definieren sich über ihre Stellung in der Gesellschaft. Leistung, Macht und Status sind ihnen wichtig. Schwäche lehnen sie ab, sowohl bei sich, als auch bei anderen.

Nimmt der Sexist sein Gegenüber als Konkurrenz wahr und sieht die eigene Position in Gefahr, muss er handeln. Ein Witz, eine spöttische Bemerkung, eine Geste dienen dazu, die Anwesenden über die Machtverhältnisse aufzuklären. Meist werden dabei die Grenzen des guten Geschmacks überschritten, ohne dass es der Sexist selbst merkt.

Die Waffe des Sexisten

Das Gegenüber wird „entmenschlicht“, indem es lächerlich gemacht wird. Es ist eine arrogante Macht, die sich die Schwächen, Fehler und Defizite anderer zunutze macht. Die Bloßstellung einer anderen Person ist eine aggressive und sogar vernichtende Art und Weise, um sich über sie zu stellen und sich selbst besser zu fühlen.

Das Gegenüber soll mundtot gemacht werden.

Die Sexismus-Falle

Ist der Spott subtil und erscheint als „einfacher Scherz“, wird es dem Gegenüber sehr schwer gemacht sich zur Wehr zu setzen. Du könntest mitlachen, aber wahrscheinlich ist dir nicht danach. Die leise Variante, du schweigst und lässt es über dich ergehen, um die Situation nicht noch unangenehmer werden zu lassen. Vielleicht schaffst du es die Peinlichkeit mit einem Themenwechsel abzuschwächen.

Die andere Möglichkeit ist die Gegenwehr. In dem Moment wo du den Sexismus offenlegst, bist du jedoch anstrengend, aufmüpfig, aggressiv, prüde, humorlos, eine Spaßbremse, ein Weichei, eine Heulsuse oder eine Zicke. Der Sexismus war schließlich kein Sexismus, es war doch nur ein Witz unter Freunden oder Kollegen, den nur du nicht verstanden hast. Mach dich doch mal locker.

Du sitzt in der Sexismus-Falle. Ohne Hilfe kommst du da nur sehr schwer wieder heraus.

Du, das „typische“ Opfer?

Sexismus kann jeden treffen. Es gibt Menschen, die ihn stärker in ihr Leben ziehen als andere.

Als „typisches" Opfer von derartigem Spott bist du konfliktscheu und fällst nicht gern auf. Vielleicht bist du schon als Kind gehänselt worden und hast deshalb schon früh die Vermeidung als deine „Überlebensstrategie“ gewählt. Wahrscheinlich unbewusst hast auch du ein Ungleichgewicht in den weiblichen und männlichen Anteilen. Du hast jedoch die passive Reaktionsform gewählt und unterliegst damit der aktiven Reaktionsform, dem Sexismus.

Du gleichst den Sexisten aus, zusammen seid ihr in Balance und dies ist der Grund, weshalb ihr euch anzieht. 

Du, der „typische“ Sexist?

Du hast mit deinem Rollendenken einen sehr begrenzten Blick auf die Welt, nicht selten besteht sie aus schwarz und weiß. Stärke und Ansehen zählen für dich. Fühlst du dich in deiner Männlichkeit angegriffen, setzt du gekonnt, meist in Witze und Sarkasmus gebettet, die Schwächen und Defizite anderer in Szene, um die eigene Position zu stärken.

Dieses Verhalten ist dir sicherlich ebenso wenig bewusst, wie die Grenzen deines Gegenübers. Es ist deine Sicht auf die Welt und du fühlst dich im Recht.

So wie jeder andere auch, lebst du in deiner eigenen Blase; zusammen mit Menschen, die passend sind und dich möglichst positiv spiegeln. Deshalb ahnst du wahrscheinlich nicht einmal, dass du ein Sexist bist. Deine Umgebung akzeptiert dich wie du bist. Eventuell teilen sie sogar deine Ansichten und bestärkten dich so noch in deinem Verhalten.

Dabei wärst gerade du so stark auf Feedback von außen angewiesen. Nur so könntest du dein eigenes Verhalten als das erkennen, was es ist: eine meist plumpe und verletzende Grenzüberschreitung. Um dein Handeln überdenken und vielleicht sogar ändern zu können, bist du auf Menschen angewiesen, die nicht nur still beobachten, sondern dein Tun aufdecken.

Du, der stille Beobachter?

Als stiller Beobachter mangelt es dir an Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. Du vermeidest lieber.

Vielleicht erscheint dir das sexistische Verhalten nicht offensichtlich genug, um einzugreifen. Das Risiko ist dir zu groß am Ende selbst ins Fadenkreuz des Sexisten zu geraten und zum Gespött zu werden. Du möchtest nicht unangenehm auffallen und scheust den Konflikt aus Angst vor Bewertung und Ausgrenzung. Das was dem Opfer gerade passiert, soll dir nicht geschehen.

Mit deinem Nichthandeln lässt du den Sexisten im Glauben richtig zu handeln und das Opfer überlässt du sich selbst. Auch wenn dir das in dem Moment vielleicht nicht bewusst sein mag, machst du dich so zum Mittäter.

Mein Appell an den stillen Beobachter: Werde laut!

Der Mensch möchte von Natur aus dazu gehören und gemocht werden. Um dies zu erreichen, kommt es vor, dass er manchmal Dinge durchgehen lässt, die nicht der eigenen Moral entsprechen.

So geschieht es, dass sicherlich auch du ab und zu über sexistische Witze eines Freundes lachst oder diese Art von Humor zumindest stillschweigend billigst. Du möchtest nicht die Spaßbremse sein.

Du bist nur passiv am Sexismus beteiligt, kannst aber dennoch am meisten gegen ihn ausrichten. Dem Sexisten ist sein Handeln nicht bewusst und das Opfer hat meist keine Möglichkeit sich aus der eigenen Position zu befreien. Du hingegen kannst den Sexismus ganz einfach auflösen, indem du ihn aufdeckst. 

Deshalb möchte ich dich bitten, bleibe nicht still, wenn dir sexistisches Verhalten auffällt, sondern mach dich bemerkbar.

Sexismus sollte nicht mehr höflich ignoriert werden, sondern unbequem und unangenehm werden. Damit stellst du dich nicht nur schützend hinter das Opfer, sondern trägst auch zur Bewusstwerdung sexistischen Verhaltens bei.

Nur wenn der Sexist immer wieder einen Spiegel vorgehalten bekommt, hat er die Chance zu begreifen, dass sein Verhalten unangebracht ist und könnte in die Veränderung gehen.

Wie die Flowering Tree Methode dich unterstützen kann

Bei allen drei Rollen ist Angst der Hauptakteur.

Opfer und Beobachter haben mit Unsicherheit und Ängsten zu kämpfen und der Sexist, ob männlich oder weiblich, müsste sich seiner Ängste wahrscheinlich erst einmal bewusst werden, um im zweiten Schritt die eigene weiche Seite akzeptieren zu können.

Die Flowering Tree Methode hilft Bewusstsein zu schaffen und löst Ängste schonend und nachhaltig auf:

  • Angst vor Schwäche

  • Angst vor Unterlegenheit

  • Angst vor Bewertung

  • Angst vor Ausgrenzung

  • Angst unangenehm aufzufallen

  • Angst vor Ablehnung

  • Angst nicht gut genug zu sein

  • Minderwertigkeit

  • Unsicherheit

  • Scham

  • Probleme mit der eigenen Weiblichkeit

  • Probleme mit der eigenen Männlichkeit

  • Mangelndes Selbstbewusstsein

  • Selbstakzeptanz

Als Emotionscoach führe ich dich behutsam an den Punkt, dich ohne Scham und Angst den eigenen Emotionen öffnen zu können. Fühlen ist nicht gleichbedeutend mit Schwäche und Verletzlichkeit, sondern Basis für harmonische zwischenmenschliche Beziehungen und ein unbeschwertes, zufriedenes Leben, unabhängig von dem Geschlecht. 

Anja

Sexismus – Angst vor Schwäche

Sexismus - Angst vor Schwäche

Teil I: Abgrenzung von der Weiblichkeit

 

Der ein oder andere kann das Thema Sexismus vielleicht schon nicht mehr hören. Diesem Thema kann man jedoch nicht genug Aufmerksamkeit schenken, da sexistisches Verhalten immer noch allgegenwärtig ist.

Mit diesem Artikel möchte ich darauf eingehen was hinter Sexismus steckt. Wem dient er und zu welchem Zweck. Woran liegt es, dass leichtfertig über Menschen geurteilt wird, auf Basis ihres Geschlechts. Beginnen möchte ich mit der Frage, was wir unter Sexismus verstehen. 

Was unter Sexismus verstanden wird

Sexismus ist ein Abwehrmechanismus und Ablenkungsmanöver zur Verschleierung eigener Minderwertigkeit. Er ist das Ergebnis einer Angst vor der Destabilisierung der Männlichkeit. Sexismus ist ein Werkzeug zur Machtausübung und eigenen Aufwertung durch Entwertung weiblicher Attribute. Es ist die Diskriminierung der Weiblichkeit.

Macht hat in unserer Gesellschaft ein anderes Ansehen, als Emotionalität. Welchem Geschlecht in aller Regel die Macht und wem die Emotionalität zugeschrieben wird ist sicherlich jedem klar.

Sexismus kann sich zwar auch gegen Männer richten, allerdings sind primär Frauen davon betroffen. Frauen gelten in einer emanzipierten Gesellschaft zwar immerhin schon als „gleich gestellt“, müssen sich dabei aber an männlich geprägten Normen und Verhaltensmustern messen lassen.

Es gibt den traditionellen Sexismus, die offene, auf das Geschlecht bezogene Diskriminierung bezeichnet, für jeden offensichtlich. Der moderne Sexismus ist häufig sehr viel subtiler, häufig als Humor getarnt. Wer nicht darüber lachen kann, wird dann als empfindlich oder humorlos dargestellt.

Sexismus und die eigene Minderwertigkeit

Die ablehnende Haltung gegenüber Emotionalität und vermeintlicher Schwäche hat Minderwertigkeit als Ursache. Es sind die verinnerlichten Glaubenssätze „Ich bin nicht gut genug“ „Ich bin nicht ok, so wie ich bin“.

Minderwertigkeit ist die Angst, ein anderer könnte „besser“ sein. Wäre dann auch noch ein vermeintlich Schwächerer besser, muss dieser schnellstens entwertet werden, um sich stark zu fühlen und so von dieser Angst zu befreien.

Nur wer sich minderwertig und unterlegen fühlt, muss sich aufwerten, indem er andere verspottet und klein macht. Vorurteile und Verallgemeinerungen dienen einzig, sich selbst hervorzutun und aufzuwerten. Meist werden dabei die Grenzen des guten Geschmacks überschritten, ohne dass es der Sexist selbst bemerkt.

Sexismus: Männlichkeit vs Weiblichkeit

Eigenschaften, die eher dem Mann zugeschrieben werden genießen in unserer Gesellschaft auch heute noch höheres Ansehen, als weibliche Eigenschaften.

Männlichkeit steht allgemein für Stärke, Überlegenheit, Rationalität, Entschlusskraft und Macht. Weiblichkeit steht für Schönheit, Warmherzigkeit, Sensibilität und Emotionalität, was häufig mit Schwäche und Naivität gleichgesetzt wird.

Der sexistische Mann und die sexistische Frau teilen den Wunsch, stark, überlegen und unabhängig zu wirken. Sexismus ist ein meist unbewusst genutztes Mittel zur Machtausübung, um selbst nicht in das Gefühl der Schwäche rutschen zu müssen.

Yin und Yang

Männlichkeit kann ebenso durch eine Frau und Weiblichkeit durch einen Mann verkörpert werden. Jeder Mensch trägt sowohl weibliche, als auch männliche Anteile in sich, welche möglichst im Einklang zueinander stehen sollten.

Bist du in dieser Balance, musst du dich weder von der Männlichkeit noch von der Weiblichkeit abgrenzen, sondern akzeptierst beide Anteile gleichermaßen. Akzeptierst du dich selbst, wie du bist, kannst du auch andere so akzeptieren, wie sie sind. Akzeptanz setzt also Selbstakzeptanz voraus.

Bei dem sexistischen Mann und der sexistischen Frau ist dies leider nicht der Fall. Sie können ihre eigene weibliche Seite nicht akzeptieren und somit können sie es bei anderen auch nicht. Sie müssen einen Weg finden, sich von der Weiblichkeit abzugrenzen.

Je größer die Angst, selbst als schwach zu gelten, desto wichtiger ist die Abgrenzung von den Attributen der Weiblichkeit. Einfaches Mittel: Sexismus.

Die tief sitzende Angst vor der Weiblichkeit

Die eigene stark ausgeprägte Minderwertigkeit und Scham des Sexisten hat als Symptom einige Ängste zur Folge: Angst nicht gut genug zu sein, Angst vor Bewertung und Ausgrenzung, Angst vor Kontrollverlust, Angst das Gesicht zu verlieren. Die größte Angst ist jedoch die vor der Weiblichkeit, davor als emotional und somit schwach wahrgenommen zu werden.

Es ist eine tief sitzende Angst als Schwächling, Weichei, Heulsuse dazustehen und infolgedessen unterlegen und verwundbar zu sein. Um sich ihr nicht selbst ausgeliefert zu wühlen, reagieren sexistische Männer und Frauen mit Abwertung: Sexistische Zoten und das Gelächter darüber sind ihr Kampfmittel. Angriff ist ihre Verteidigung.

Sexismus: Flucht oder Angriff

Sexismus ist ein Symptom der Angst. Um der Angst zu entfliehen gibt es zwei Reaktionsmöglichkeiten: Flucht oder Angriff.

Flucht ist die passive Art zu reagieren. Bezogen auf die Weiblichkeit wäre es die Unterordnung oder Verschmelzung. Die Weiblichkeit wird idealisiert und sich ihr angepasst. Das Ego wird mit Egoismus verwechselt und man verbietet sich die Männlichkeit. Sie ist aggressiv und dumm. 

Ist der männliche Anteil bei zum Beispiel einem Mann unterentwickelt, fungiert er für die Frau meist als bester Freund. Es mangelt an Durchsetzungskraft und er möchte der Frau gefallen, indem er sich anpasst. Er kann sich nur schwer abgrenzen und hat Angst nein zu sagen. Auch dies schafft und hält Abstand, eine wirkliche Begegnung findet nicht statt.

Angriff ist die aktive Reaktionsmöglichkeit und in diesem Fall der Sexismus selbst. Um die Ungleichheit zu demonstrieren, muss die Weiblichkeit entwertet und diskriminiert werden. So kann die eigene Angst für einen Moment dem Gefühl der Überlegenheit und Macht weichen, die Situation ist unter Kontrolle. Ganz nach dem Motto: Sexismus als Angriff gegen die Weiblichkeit ist die beste Verteidigung der eigenen Männlichkeit.

Angst vor der Weiblichkeit seitens der Frau

Lehnt eine Frau ihre eigene weiche, feminine Seite ab und lebt vor allem ihren männlichen Anteil, ist bewusst oder unbewusst Angst vor Schwäche im Spiel.

Dies hängt meist mit der Kindheit zusammen. Der erste Kontakt mit der Weiblichkeit ist die Mutter. Das Verhältnis zu ihr ist entscheidend für die spätere Entwicklung.

Wird sie vom Kind als emotional unterkühlt und wenig liebevoll wahrgenommen, ist die Abgrenzung von der eigenen Weiblichkeit ein Schutzmechanismus, um die damit verbundenen Emotionen nicht so stark spüren zu müssen. Weichheit und Emotionalität werden als Hilflosigkeit und Schmerz erfahren. Weil man beides nicht mehr fühlen möchte, muss es verdrängt werden.

Natürlich kann es auch andere Gründe geben, weshalb Weiblichkeit als Nachteil oder Schutzlosigkeit empfunden wird. Welche Ursache es auch hat, Härte und Dominanz sollen als Schutzpanzer der Verletzlichkeit dienen.

Die Abgrenzung von der eigenen Weiblichkeit allein macht natürlich noch keine Sexistin, ist jedoch die Voraussetzung.

Angst vor der Weiblichkeit seitens des Mannes

Der Mann identifiziert sich lieber mit Stärke und Macht, während Emotionen ihn als Weichei kennzeichnen könnten. Weiblichkeit wird deshalb meist unbewusst als Bedrohung der eigenen Männlichkeit erlebt und muss abgewehrt werden.

Männlichkeit ist ein kulturelles und soziales Konstrukt, welches sich je nach Zeitalter und Region variiert.

Eine Tatsache besteht jedoch unveränderlich und vereint alle Männer: Mannsein ist Nicht-Frausein. Die eigene männliche Identität gewinnt der Mann in der Umkehr weiblicher Denk-, Fühl und Verhaltensweisen.

Angst vor Schwäche hat auch bei Männern ihren Ursprung in der Kindheit. In den ersten Lebensjahren sind sie von der Weiblichkeit abhängig. Die Mutter sorgt für körperliche, emotionale und geistige Zuwendung und Pflege. Schafft es der Vater nicht den Ausgleich zu schaffen und als männliches Vorbild zu fungieren, stärkt es die Abhängigkeit von der weiblichen Kraft. Die, von der man sich abhängig fühlt, wird mächtig, hat Macht über einen. Und eben dieses Abhängigkeitsgefühl erzeugt Angst. Um nicht an sie erinnert zu werden, muss sich der Mann stark von dem abgrenzen, was er fürchtet - der Weiblichkeit. Wem er sich überlegen fühlt, vor dem braucht er sich nicht (mehr) zu fürchten.

Machtstreben

Wer nach Macht strebt fühlt sich im Inneren klein und unbedeutend. Glaubensmuster wie „Ich bin dir ausgeliefert“ „Ich bin ohnmächtig“ „Ich kann mich nicht wehren“ „Ich genüge nicht“ „Ich darf keine Fehler machen“„Ich komme zu kurz“ „Ich muss alles unter Kontrolle haben“ wurden schon früh verinnerlicht.

Machtstreben ist bei Menschen zu finden die sich der Übermacht ihrer Eltern häufig ausgeliefert fühlten und als Kind zu kurz kamen. Der Sexist wird sich schon früh der Übermacht der Weiblichkeit ausgeliefert gefühlt haben.

Als Erwachsener hat er deshalb Angst in Situationen zu geraten, wo er angegriffen oder vernichtet werden könnte und infolgedessen als schwach gelten könnte. Er darf auf keinen Fall in Berührung mit dem Gefühl von Unterlegenheit kommen. Aus diesem Grund möchte er im zwischenmenschlichen Kontakt immer die Oberhand behalten. Er lässt andere gern auflaufen und fügt dem Gegenüber jene Ohnmachtsgefühle zu, die er bei sich selbst unbedingt vermeiden möchtet. Dieses Verhalten setzt auch ein gewisses Aggressionspotential voraus. Somit hat auch Aggression einen Anteil am Sexismus.

Destruktive Aggression

Destruktive Aggression ist ein Verhaltensmuster zur Verteidigung und Gewinnung der Oberhand und dient ebenfalls der Verdrängung von Angst.

Auch dieses Verhalten hat seinen Ursprung in der Kindheit. Es kann durch ein aggressives Umfeld erlernt werden oder entstehen, wenn Kinder keine tragfähigen Beziehungen zu ihren Eltern haben.

Bleiben Bedürfnisse wie Zugehörigkeit, Selbstbestimmung und Wertschätzung als Kind unerfüllt, wird häufig mit Aggression reagiert, welche sogar in Gewaltbereitschaft umschlagen kann.

Es gibt offene Aggression, bei der sich das aggressive Verhalten direkt und spürbar zeigt, für jeden offensichtlich. Und es gibt unterschwellige Aggression. Sie ist subtiler und versteckter, eher verdeckt und täuschend mit einem gewissen Grad an Manipulation einhergehend.

 

Nächste Woche habe ich den zweiten Teil zu sexistischem Verhalten für dich. Darin gehe ich vor allem auf die drei Rollen innerhalb des Sexismus ein, auf ihre Funktion und ob man sich aus diesen Positionen befreien kann.

Bis nächste Woche, ich freue mich auf dich.

Anja

Meine Erfahrung mit krankhafter Scham

Meine Erfahrung mit krankhafter Scham

„Ich schämte mich, ich zu sein“

Letzte Woche habe ich beschrieben, was Schamgefühl ist, was es mit dir macht und woher es stammt. Diese Woche möchte ich von meinen Erfahrungen mit krankhafter Scham berichten. Welchen Einfluss dieses Gefühl auf mich und mein Leben hatte und wodurch es entstand.

Scham sagt „Ich bin falsch!“

Scham ist immer sehr tief liegend und das einzige Gefühl, welches sich auf sich selbst bezieht. Scham sagt „Ich bin falsch!“ und verhindert die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit.

Ich würde Scham als die totale Hemmung beschreiben. Aus ihr gingen meine Minderwertigkeit, Unsicherheit und viele verschiedene Ängste hervor. Jeder weiß bestimmt, wie es ist, sich für etwas zu schämen. Das ist dann aber nur für einen Moment. Schämt man sich für sich selbst, schämt man sich permanent und für alles. Und so war es bei mir.

Krankhafte Scham entsteht schon in der frühen Kindheit. Auch bei mir fiel dieses Gefühl nicht vom Himmel. Weil dies so ist, möchte ich vorab ein anderes Thema anschneiden. Und zwar:

Schlecht über die eigenen Eltern zu sprechen…

Als Emotionscoach erlebe ich es häufig: Die Hemmung, sich unvorteilhaft über die eigenen Eltern zu äußern. Schuld und Scham lassen Menschen nur schwer unbefangen über ihre Kindheit sprechen. Viele können nicht einmal den Gedanken an mögliche Schattenseiten zulassen. Wenn man jedoch im Hier und Jetzt zufrieden und ausgeglichen leben möchte, sollte man die Vergangenheit beleuchten und aufräumen. Sie möchte verarbeitet werden, dein verletztes inneres Kind möchte gehört und geheilt werden. Es ist nicht immer schön, was man da entdeckt, aber es lohnt sich hinzusehen, denn nur so hast du die Möglichkeit endlich loszulassen. Leichtigkeit, statt tief verborgen täglich Altlasten mit dir herumzuschleppen.

…ein Tabu!

Die eigene Welt gerät stark ins wanken, wenn man plötzlich feststellt, dass die eigene Kindheit gar nicht so war, wie man sie sehen wollte. Zumindest ging es mir so. Ich hatte zwar zu Schulzeiten schon bemerkt, dass es bei den Klassenkameraden Zuhause anders zuging - liebevoller und achtsamer, aber es durfte nicht als Erkenntnis zu mir durchdringen. Stattdessen tat ich automatisch alles, um mein Zuhause und meine Mutter zu schützen.

Sehr viel später erst habe ich mir erlaubt, nur einmal vorsichtig zu denken, dass meine Mutter keine gute Mutter war - an sich gar keine. Sie hat mich nie unterstützt, sich nicht für mich interessiert und war emotional abwesend, Kritik und Missachtung waren mein täglich Brot. Trotzdem hat man als gute Tochter so etwas nicht zu denken - geschweige denn auszusprechen; man hat dankbar zu sein. Aus dieser Zwickmühle musste ich mich erst einmal befreien, bevor ich in die Aufarbeitung meiner Kindheit gehen konnte.

Meine Mutter hat wie jede andere auch ihr bestmögliches gegeben, vielleicht ist dies mir sogar bewusster, als ihr. Aber wenn eine Mutter ihre Rolle nicht annehmen kann, übernimmt die Verantwortung automatisch das Kind. Diese Suppe muss es dann meist ein Leben lang selbst auslöffeln.

Auch Eltern sind nicht perfekt

Es müssen nicht immer die Eltern sein, auch andere Einflüsse können die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes stören. Eltern haben aber den mit Abstand größten Einfluss auf die Entwicklung ihres Kindes und das vor allem in der prägendsten Phase.

In dem Artikel über Schamgefühl erwähnte ich bereits, dass niemand perfekt ist, dies schließt die eigenen Eltern mit ein. Viele Mütter und Väter haben nur geringen Kontakt zu den eigenen Emotionen. Dies spiegelt sich auch in der Beziehung zum eigenen Kind wider. Es zeigt sich vor allem in mangelnder Geduld, Stress und Unzufriedenheit, wenn etwas nicht so funktioniert, wie es erwartet wird.

Wie man mit sich selbst umgeht, so geht man auch mit dem eigenen Kind um. Diese Information kannst du gern auch im Hinterkopf haben bei deiner Partnerwahl.

Ich dachte, es liegt an mir

Meine Mutter war immer sehr unzufrieden und kritisierte mich für alles und vor allem ständig. Ich konnte ihr nichts recht machen. Als Kind nahm ich schnell an, dass ich keine gute Tochter und somit nicht liebenswert sei. Ich wollte sie immer nur glücklich machen und endlich geliebt werden. Aber egal was ich tat, es war nie richtig. Ich bekam permanent gespiegelt, unzulänglich und falsch zu sein. Irgendwann war ich selbst überzeugt davon und begann mich zutiefst für mich selbst zu schämen.

Als Kind zweifelt man nicht an den Eltern, sondern schaut zu ihnen auf und bewundert sie. Ich konnte also gar nicht anders, als anzunehmen, eine schlechte Tochter, ein schlechter Mensch und somit nicht ok zu sein. Ich wurde immer weniger und wünschte mir oft, nicht zu existieren.

Mein alter Glaubenssatz: „Ich bin nicht ok“

Glaubenssätze wie „Ich bin nicht ok“ „Ich bin nicht liebenswert“ „Ich bin falsch“ machten aus mir einen äußerst schüchternen, verunsicherten und unfreien Teenager. Als Erwachsene gesellten sich noch Ängste und schließlich auch Panikattacken dazu.
Der Glaubenssatz „Ich bin nicht gut genug“ war mir sehr viel bewusster, als die Tatsache, dass ich mich für mich selbst schämte. Erst als Angst fand die Scham ihren Weg in mein Bewusstsein. Die Angst nicht gut genug zu sein, Angst zu versagen, Angst vor Ausgrenzung, Ablehnung und Bewertung.

Ich zog mich immer mehr in mich selbst zurück. Meine Welt wurde immer enger.

Ich und die Scham

Ich war sehr verschlossen und unnahbar.
Ich war zutiefst verunsichert und vertraute mir selbst nicht mehr.
Ich fühlte mich meinen Emotionen hilflos ausgeliefert.
Ich war voll mit unnützen, immer wiederkehrenden, destruktiven Gedankenmustern und Überzeugungen mich selbst betreffend.

Krankhafte Scham dauerhaft in mir zu spüren, machte mich immer kleiner und unscheinbarer. Ich verkroch mich in mir selbst und traute mir kaum noch etwas zu. Ich ging immer mehr in die Vermeidung. Es war die totale Zurücknahme einer Persönlichkeit, die ich eigentlich nie besessen hatte. Denn als Kind bekam ich erst gar keine Chance, sie zu entwickeln.
Die Scham hat mich um sehr viele schöne Erfahrungen und Momente betrogen. Meine tief sitzende Minderwertigkeit und der Glaube nicht richtig - nicht gut genug zu sein, kostete mich meine Unbeschwertheit und emotionale Freiheit.

Scham vermeidet!

Ausgelöst durch das Gefühl nicht ok zu sein, hatte ich einen niedrigen Selbstwert, Angst vor Ablehnung, davor etwas falsch zu machen, oder jemanden zu verärgern. Dadurch war ich in der Schule, während des Studiums und auch im Beruf still und zurückhaltend. Es war mir unmöglich auf andere zuzugehen. Ich empfand es auch als Belastung einen Raum mit vielen Menschen zu betreten. Ich war die meiste Zeit sehr angespannt und innerlich unruhig. Ich wusste oft nicht was ich sagen soll und hatte Probleme mich zu integrieren.

Es war für mich kaum möglich, ein Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln. Meine Schüchternheit wurde in aller Regel als Arroganz missinterpretiert, was mein Leben noch zusätzlich erschwerte. Dabei wollte ich doch einfach nur nicht auffallen - und schon gar nicht unangenehm.

Die Scham hat mir mein Leben sehr lange Zeit zur Hölle gemacht. Ich konnte mich nicht richtig entfalten und habe gar nicht richtig gelebt und erlebt.

Meine Fassade

Ich wollte unbedingt perfekt sein, um negativer Bewertung zu entgehen - um bloß nicht negativ aufzufallen. Noch viel wichtiger als das, war mir jedoch, immer stark zu wirken und mir nichts anmerken zu lassen. Ich tat so, als sei mir egal, was andere von mir denken, aber das Gegenteil war der Fall. Ich ließ nichts und niemanden an mich heran und schob alles von mir weg und verdrängte es ungesehen in mein Unterbewusstsein. Es sollte niemand erfahren, wie es tatsächlich in mir aussah, nicht einmal ich selbst. Ich wäre lieber gestorben, als hilflos und schwach zu wirken. Doch hinter dieser Fassade „Starke, unerschütterliche Anja“ kauerte ein verängstigtes, verletztes und verletzliches Mädchen, das sich nach Liebe und Geborgenheit sehnte. Diese weiche, feminine Seite musste ich schon früh verleugnen und verdrängen, um stark genug für meine Kindheit zu sein.

Hinter meiner Fassade

Meine Fassade hielt stand, aber dahinter bröckelte es spürbar. Ich fühlte mich irgendwann nur noch einsam und leer. Aber erst die Panikattacken zwangen mich näher hinzusehen, zu reflektieren und dann auch etwas zu tun. Die klassischen Psychotherapieformen versagten bei mir jedoch gänzlich. Über meine Kindheit zu sprechen, änderte nichts an meiner Gefühlswelt, oder dem Chaos in meinem Kopf - es löste nichts auf und eine professionell, neu erlernte Fassade reichte mir nicht. Es wäre nur Schein und nicht Sein gewesen.

Mein Weg war die Flowering Tree Methode

Wie unbewusst, wie unnahbar und wie entfernt ich von mir und meinen Emotionen wirklich war, weiß und spüre ich erst heute in vollem Umfang. Nach und nach, mit jeder Flowering Tree Sitzung vervollständigte sich das Puzzle „Anja“ - fand ich mehr und mehr zu mir selbst, zu meinen Emotionen und meinen eigenen Bedürfnissen. Neben innerer Zufriedenheit, Gelassenheit und Unabhängigkeit, erlangte ich echtes Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und eine Selbstliebe, die mir innere Geborgenheit schenkt.

Der Weg dorthin war oft nicht leicht. Ich war manchmal verzweifelt, fühlte mich wie ein Fass ohne Boden, weinte und verfluchte mein Schicksal. Aber als ich endlich bei mir ankam, wusste und spürte ich, dass sich Zeit, Geld, Schmerz und jede Träne gelohnt hatten.

Heute kann ich unbefangen einfach ich selbst sein. Ich gestalte mein Leben nun selbst und habe einen sehr viel größeren Handlungsspielraum als früher. Ich sehe mich und meine Umgebung mit ganz anderen Augen. Ich kann nun erkennen, wenn mir das Leben etwas schenkt und kann es annehmen. Für diese unglaubliche Veränderung, dieses zweite Leben bin ich meiner Ausbilderin und der Flowering Tree Methode auf ewig zutiefst dankbar.

Ich hätte meine Scham auf emotionaler Ebene niemals mit klassischer Psychotherapie überwinden können. Die Scham ist nun nicht verdrängt, oder verleugnet, ich musste auch nicht lernen, besser mit ihr zu leben; sie ist auf emotionaler Ebene gelöscht. Das bringt eine unglaubliche Leichtigkeit mit sich, die der Verstand allein niemals so abbilden könnte. Die Arbeit mit dem Verstand reicht meiner Meinung nach nicht aus, wenn es um Gefühle geht. Es wäre für mich nicht authentisch gewesen, ich hätte es wieder nur als eine Fassade empfunden. Ein erlerntes Verhalten ist kein gefühltes Verhalten und vom Theaterspiel hatte ich bereits genug.

Mein neues Gefühl: „Ich bin voll ok“

Aus dem Gefühl ok zu sein, entsteht automatisch auch der Glaubenssatz richtig zu sein. Aber nur zu denken „Ich bin ok“, kann das tatsächliche Fühlen, die innere Zufriedenheit mit sich, nicht ersetzen - Gefühle sitzen nicht im Kopf!

 

Anja

Schamgefühl

SCHAMGEFÜHL

Es ist destruktiv und besonders energieraubend

Das Wort „Scham“ bedeutet von seinen sprachlichen Wurzeln her „zudecken, verschleiern, verbergen“. Es ist die Angst, nicht gut genug zu sein. Sie verengt deine Wahrnehmung. Du konzentrierst dich so auf deine Unzulänglichkeiten, bis du dich gar nicht mehr im Ganzen wahrnehmen kannst und dich hinter einer Fassade verstecken musst. Du tust alles, um nicht entdeckt zu werden.

Scham ist das tief sitzende Gefühl, welches hinter deiner Minderwertigkeit steckt und dich immer wieder spüren lässt „Ich bin nicht ok“.

Gesunde Scham und krankhafte Scham

Gesunde Scham ist soziales Verhalten, gepaart mit der Fähigkeit, sich selbst abzugrenzen und die Grenzen anderer anzuerkennen und zu respektieren. Wenn du dich schämst, weil du dich als Person schlecht und falsch fühlst, dann geht es um krankhafte und dich selbst blockierende Scham. Meist begleitet sie dich überall mit hin und verhindert, dass du du selbst sein kannst. Vielleicht beginnst du sogar Situationen zu meiden, weil du fürchtest dich zu blamieren. Du fühlst dich meist nicht wohl in deiner Haut und bist unsicher. Nach außen gibst du vor, dass es dir egal ist, was andere von dir denken, aber das Gegenteil ist der Fall. Du hast Angst vor Bewertung und vor Ablehnung, denn du nimmst an, nicht gut genug zu sein.

„Im weiteren Verlauf soll es um krankhafte Scham gehen.“

Selbstbild vs. Fremdbild

Du hältst dich selbst für nicht liebenswert und nicht ausreichend. Dadurch ist dir sehr wichtig, was andere über dich denken. Häufig verbiegst du dich, um zu gefallen.
Scham ist das Gefühl, welches entsteht, wenn zwischen deinem Selbstbild und dem, wer du vorgibst zu sein, eine Lücke klafft. Wenn du in eine Situation gerätst, die dich entblößen könnte, schlägt die Scham, gekoppelt mit Ängsten, erst recht zu. Dein Selbstwert sackt in den Keller. Du denkst dann nicht mehr klar, sondern eng und meist schlecht über dich selbst. Du möchtest am liebsten im Erdboden versinken, und nicht selten errötest du.

Wenn Eltern sich schämen

Schamgefühle haben großen Einfluss auf das eigene Verhalten. Ab dem Moment, wo du nicht mehr nur für dich verantwortlich bist, sondern auch für ein Kind, vergrößert sich die Gefahr, dass du enttarnt werden könntest - und das unkontrollierbar. Dein Kind könnte es sein, welches dich in der Öffentlichkeit bloßstellt. Wie oft denkst du darüber nach, wie andere Menschen deine Leistung als Mutter oder Vater beurteilen?

Wenn Eltern, oder ein Elternteil mit übermäßiger Scham zu kämpfen hat, geht dies oft zu Lasten des eigenen Kindes. In vielen Situationen ist es wichtiger, was Passanten oder Freunde denken könnten, wenn das eigene Kind nicht „funktioniert“. Man möchte schließlich nicht für einen schlechten Vater oder eine schlechte Mutter gehalten werden. Um dies zu verhindern, muss das Kind immer wieder unverzüglich unter Kontrolle gebracht werden. Dazu sind viele Mittel recht: Teilweise wird harsch auf das Kind eingeredet, es wird bestochen, oder mit neuen Regeln konfrontiert. Das Kind darf in diesen Momenten nicht Kind sein, sondern muss die Verantwortung für die Scham des Elternteils übernehmen. So büßt es schnell an Unbeschwertheit und Leichtigkeit ein. Für das Kind in frühen Jahren schon ein enormer Leistungsdruck.

Scham entsteht in der frühen Kindheit…

Scham ist ein sehr tief sitzendes Gefühl und entsteht schon in den ersten Jahren deines Lebens als ein zentrales Gefühl. Meist geht es Hand in Hand mit dem Gefühl der Schuld und Hilflosigkeit. Als Kleinkind bis zum fünften Lebensjahr kannst du Botschaften und Situationen nur mit dem Beziehungsohr wahrnehmen. Das bedeutet: Alles was um dich herum geschieht, kannst du nur mit der Frage abgleichen „Bin ich ok?“. Streiten sich deine Eltern, gibst du automatisch dir die Schuld und du verinnerlichst „Ich bin nicht ok“. Siehst du deine Mutter weinen, verzweifelt, oder ängstlich, wieder die Botschaft an dich „Ich bin nicht ok“.

Der Berg aus Schuld, Hilflosigkeit wächst und du beginnst dich zu schämen, weil du nicht in der Lage bist etwas an der Situation zu ändern, oder an dir, damit sich etwas in deiner Umgebung ändert. Dass dich keine Schuld trifft und du dich nicht schämen bräuchtest, kannst du nicht wissen.

So übernimmt jedes Kind immerzu unbemerkt Verantwortung und verinnerlicht die Gefühle von Schuld und Scham. Hinzu kommt, dass sie ausgerechnet die Dinge und Gefühle deutlich spüren, die man meint gut vor ihnen verbergen zu können. Scham kann, wie jedes andere vorherrschende Gefühl auch, von einem Elternteil als eigenes Gefühl übernommen werden.

… und wird meist noch verstärkt, zum Beispiel während der Pubertät

Krankhafte Scham wird durch mangelnde Zugehörigkeit noch verstärkt. Wenn du als Kind, oder Jugendliche(r) immer wieder in Frage gestellt wurdest, nicht ausreichend Zuspruch oder Anerkennung erhalten hast, oder sogar Hänseleien ausgesetzt warst, wird es dir heute schwer fallen, dich so zu akzeptieren, wie du bist.

Um nicht mehr angreifbar zu sein, versuchst du alles, um anderen zu gefallen. Was du an dir nicht akzeptieren kannst, versteckst, oder verleugnest du. Meist nicht nur vor den anderen, sondern auch vor dir selbst.

Du, deine Rolle und die Scham

Du stehst nicht zu dir. Du bist nicht authentisch. Du lebst eine Vorstellung von dem was andere für liebenswert halten könnten. Wahrscheinlich ist alles besser, als du selbst zu sein. Dies kostet dich sehr viel Energie, denn niemand darf herausfinden, wer oder wie du wirklich bist. Du bist nie ganz zufrieden mit dir selbst. Es gibt immer einen Makel, eine Schwäche, auf die du dich konzentrierst.

Wenn Du dich für dich als Person schämst, verleugnest du einen Teil deiner selbst und übergehst häufig deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Du spielst eine Rolle. Nicht selten lebst du das Leben eines anderen, zum Beispiel deines Partners. So verlierst du immer mehr den Kontakt zu dir selbst, manchmal sogar ganz unbemerkt. Innerer Druck, Burnout und Panikattacken können irgendwann die Antwort darauf sein.

Perfektionismus soll dein Retter sein

Du denkst „Wenn ich perfekt bin, ist endlich alles gut!“. Endlich würdest du keine Angriffsfläche mehr bieten. Da gibt es aber zwei Haken. Erstens: Du selbst bist der Angreifer und würdest immer etwas finden, was du nicht an dir akzeptieren kannst. Zweitens: Kein Mensch ist perfekt, oder wird es sein können.

Du kannst also nur immer wieder an deinem Selbstanspruch scheitern. Gefangen in einem Hamsterrad der Selbstoptimierung, weißt du am Ende wahrscheinlich nicht einmal mehr, wer du überhaupt wirklich bist. Einem Ideal hinterherzurennen ist der Versuch, der Bewertung durch andere zu entkommen. Aber wenn du genauer hinschaust, ist es die Flucht vor dir selbst.

Wenn du dich für Äußerlichkeiten oder Eigenschaften schämst und dich nicht so akzeptieren kannst, wie du bist, fällt dein Urteil immer gnadenlos gegen dich aus.

Die Angst vor dem Erröten

Damit niemand (vielleicht auch nicht einmal du selbst) dein wahres Ich mit all den vermeintlichen Defiziten erkennt, musst du die Kontrolle haben. Und wo übermäßige Kontrolle ist, sorgt ein Gegenpol für die Balance. Dieser Kontrollverlust könnte sich bei dem Thema Scham durch zum Beispiel erröten zeigen. Du fühlst dich ertappt und entblößt, denn Erröten ist ein übler Verräter. Er zeigt deine Angst vor Bewertung und Ablehnung. Dabei bist du es, die sich ablehnt, oder zumindest diesen ungeliebten Teil.

Einmal aufgetreten, macht es sich oftmals selbständig und deine Gedanken beginnen um die Angst vor dem Erröten zu kreisen. Hinter alldem steckt auch wieder dein verletztes inneres Kind und es möchte, dass du dir die Scham anschaust. Es möchte dir sagen „Kümmere dich um mich und schließe endlich diese Lücke zwischen Selbstbild und Fremdbild. Dann kannst du endlich zu dir und zu dem was du tust stehen - du kannst endlich einfach so sein, wie du bist.“

Angst vor Bewertung

Von Generation zu Generation wurde weitergegeben, dass es wichtig sei, was der Nachbar denkt. Du hast schon früh verinnerlicht, dass andere dich beurteilen und du dich anpassen musst, um gemocht zu werden.

Dies kann auch ungesunde Züge annehmen. Wenn du mehr im außen bist, als bei dir selbst und dich nur noch so verhältst, wie es andere von dir erwarten, verdrängst du deine eigenen Bedürfnisse immer mehr, bis du sie vielleicht gar nicht mehr spürst.

Du tust alles, um von anderen akzeptiert und gemocht zu werden. Viel wichtiger ist jedoch, dass du dich endlich akzeptierst und einen guten Kontakt zu dir und deinen Wünschen hast.

Selbstakzeptanz ist die positive Einstellung zu sich selbst. Es ist ein tief sitzendes, friedvolles Gefühl, des beschützt seins. Es gibt dir von innen heraus Sicherheit und Geborgenheit.

Meist ist es jedoch überlagert von schlechten Erfahrungen, die sich als negative Glaubenssätze manifestiert haben - bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger.

Nur Minderwertigkeit bewertet

Wer viel bewertet und sich mit anderen vergleichen muss, hat große Probleme mit der Selbstakzeptanz. Menschen bewerten nur dann, wenn sie unter einem geringem Selbstwert und daraus resultierender Unsicherheit und Unzufriedenheit leiden. Abwertende Urteile dienen der eigenen Aufwertung und bieten gleichzeitig Schutz vor der Entwertung durch andere. Nur Minderwertigkeit bewertet. Menschen die selbstbestimmt und zufrieden leben, bewerten nicht. Sie sind bei sich und auf das Leben konzentriert.

Steh zu dir selbst

Stell dir bitte einmal die Frage: „Wer bin ich und was möchte ich vom Leben?“

Damit meine ich nicht, wer du gern wärst, was du darstellen möchtest, oder dir auf materieller Ebene wünschst.

Um Selbstbestimmung zu erlangen, musst du erst einmal eine Vorstellung davon bekommen, wer du eigentlich bist und wie deine eigenen tief empfundenen Bedürfnisse aussehen. Dazu musst du im Kontakt mit dir und deinen Emotionen sein. Nur so kannst du echte Zufriedenheit spüren und Unabhängigkeit erlangen. Nur so kannst du dein Leben selbst in die Hand nehmen und bist keine Marionette, geleitet von Fremderwartung und zu hohem Selbstanspruch.

Dich selbst zu lieben und anzunehmen wie du wirklich bist, mit all deinen Schattenseiten, das ist der Grundstein zu einem zufriedenen Leben ohne Scham!
In deinem Leben sollte es um dich gehen und nicht darum, was andere von dir halten könnten.

 

Von meinen eigenen Erfahrungen mit krankhafter Scham, wie sie mich beeinflusste und wie es sich heute ohne sie lebt, berichte ich dir nächsten Sonntag.

Anja

Leistungsdruck

Leistungsdruck

Die Angst, nicht gut genug zu sein

Es ist diese innere Stimme, die dich kontinuierlich wissen lässt, nicht gut genug zu sein. Immer wieder treibt sie dich zu Höchstleistungen an. Doch deinem Selbstanspruch genügst du nie. Die Angst zu versagen beherrscht dich und macht dich zu ihrem Abhängigen. Dir und der Welt musst du ständig etwas beweisen.

Ich möchte, anhand eines Fallbeispiels aus meiner Praxis, das Thema Leistungsdruck näher beleuchten. Was steckt dahinter, was richtet er an und was kannst du dagegen tun.

Zu mir kam eine junge Frau*. Sehr erfolgreich, aber mit den eigenen Leistungen nie zufrieden. Obwohl andere sie um ihre Karriere und ihren daraus resultierenden Besitz beneiden, stellt sich das Gefühl der Zufriedenheit bei ihr nie ein.

*Ich nenne sie Eva. Auch in meinen folgenden Artikeln werden weibliche Klienten immer Eva und männliche Klienten Adam heißen.

Ein Beispiel aus der Praxis

Eva ist 32 Jahre und leitet erfolgreich ihr eigenes Unternehmen. Leistung und Erfolg sind für sie schon immer ausschlaggebend. Als Studentin schrieb sie parallel zu ihrem zweiten Master ihre Dissertation. Obwohl ihre Zeit dafür schon kaum ausreichte, bereitete sie darüber hinaus auch schon die Gründung ihres jetzigen Unternehmens vor.
Seit sie denken kann, steht sie unter enormem Druck und hat Angst nicht produktiv genug zu sein, oder zu versagen. Mit den Jahren steigen die eigenen Erwartungen und mit ihnen der gefühlte Leistungsdruck. Um dem noch standhalten zu können, beginnt sie schließlich aufputschende Mittel einzunehmen.
Sie kam zu mir, da sie den Druck nicht mehr aushielt und etwas vermisste. Sie spürte eine Leere in sich und die Angst zu versagen begleitet sie auf Schritt und Tritt. Sie konnte nicht mehr, sie war müde und ausgebrannt.
Trotz ihrer Befürchtung, nach der Arbeit mit mir nicht mehr leistungsfähig zu sein und stattdessen unproduktiv vor sich hin zu vegetieren, nimmt sie all ihren Mut zusammen und startet mit mir in die Sitzung. Dieser geht ein Gespräch voran. Darin besprechen wir, welche Emotionen im Weg stehen und gelöscht werden sollen. 

Die Themen der Sitzung

Angst, auf sich allein gestellt zu sein; Erwartungen; Leistungsdruck; Existenzangst; Minderwertigkeit; Angst, nicht gut genug zu sein; Angst, nicht produktiv genug zu sein

Die Flowering Tree Methode

Bevor ich auf die Sitzung eingehe, möchte ich dir eine kurze Einführung in die Arbeit mit der Flowering Tree Methode geben:
Die Sitzung beginnt immer mit dem blockierendsten Gefühl. Zu dieser Emotion stelle ich Fragen und mit jeder Antwort versinkt der Klient mehr und mehr in sein Innerstes. Bis zu einem entspannten Zustand der Selbstvertiefung, einer Art Trance. Währenddessen hat dieser die volle Kontrolle über Körper und Geist. Die Arbeit mit der Metapher führt uns zu seinem verletzten inneren Kind und zu genau der Situation, in der das hemmende Gefühl entstand. Sein jüngeres Selbst weiß ganz genau, was es zur Lösung der belastenden Situation braucht und bekommt dies nachträglich geschenkt. So kann sich der alte Konflikt lösen und mit ihm das nagende Gefühl im Hier und Jetzt. So kommt der Klient zu neuen Energieressourcen, mehr Bewusstsein und Liebe für sich selbst.

Die Sitzung zum Leistungsdruck

Wir beginnen die Sitzung mit der Versagensangst. Über die daraus gebildete Metapher gelangen wir an Evas Unterbewusstsein. Unsere Arbeit führt uns schnell zu ihrem Erwartungsdruck. Dabei stellt sich heraus, dass ihr das Familienglück fehlt: Diese Emotion zeichnet sich als ein gelbes Dreieck mit abgerundete Kanten. Wie sie mir im Nachgespräch erklärt, steht eine Ecke für ihren Vater, eine für ihre Mutter und eine für sie selbst. Dieses Dreieck befindet sich außerhalb. Sie nimmt es in sich auf und mit ihm das Familiengefühl. Dieses breiten wir ganz in ihrem Körper aus. Im nächsten Schritt widmen wir uns der Panik. Diese kommt immer dann auf, wenn sie an ihren Selbstanspruch denkt. Wir bilden aus ihr die nächste Metapher: Ein langer Pfeil, der zwischen Brust und Hals sitzt. Eigentlich nur eine Pfeilspitze, schwarz, glatt und eher matt. Sie steht still. Eva zerschlägt sie in ihrer Vorstellung und die Reste lösen sich auf. Mit dem Verschwinden der Metapher gelangen wir zu der Situation, in der die Panik ursprünglich entstand:

Von der Metapher zum verletzten inneren Kind

Das verletzte innere Kind ist 13 Jahre, trägt einen schwarzen Pullover und eine beigefarbene Hose. Die kleine Eva sitzt wie versteinert auf der Couch in ihrem damaligen Jugendzimmer. Sie hört ihre Eltern schreien und streiten. Es geht um sie.
Seit nunmehr 19 Jahren steckt dieser dissoziierte Ich-Anteil in dieser Situation fest. Um entdeckt zu werden, sendet er das beklemmende Gefühl der Panik und Versagensangst.

Die 32-jährige Eva neben mir erinnert sich nun auch bewusst an diese Situation und sagt mir, dass es sich um den Tag handeln müsse, an dem sie eine 6 in Mathematik nach Hause brachte. Ihre Leistungen waren bisher tadellos, so herrschte an diesem Tag Chaos und sie befindet sich hilflos mittendrin. Dass dieser Tag so viel Einfluss auf ihr Verhalten und ihr Fühlen haben würde, hätte sie nicht für möglich gehalten.

Zurück zu 13 Jahre. Sie blieb damals verängstigt und versteinert in ihrem Zimmer und schwor sich, unter keinen Umständen noch einmal für eine derartige Situation verantwortlich zu sein. Nie wieder sollte ihre mangelnde Leistung für Ärger sorgen.
Doch während unserer Sitzung darf sie endlich so handeln, wie sie es damals schon gern getan hätte, sich aber nicht getraute.

Die positive Auflösung des alten Konfliktes

13 Jahre löst sich aus der Erstarrung und geht zu ihren Eltern. In dem Moment hören diese auf zu streiten. Eva versucht sie zu beruhigen und beginnt dann selbst zu schreien. Sie macht ihren Eltern deutlich, dass die Note nicht so wichtig sei, dass sie selbst viel mehr wert sei, als diese blöde 6 in Mathe. Es kommt zum Streit. Sie leugnen, ihre Tochter nur auf ihre Leistungen zu reduzieren. Eva akzeptiert diese Ausrede nicht und entgegnet, dass es zu offensichtlich sei, dass es ständig nur um Leistung gehe. Der Vater entschuldigt sich bei ihr, dass er dieses Gefühl vermittelt. Umarmung. Daraufhin verspricht Eva ihrem Vater sich auch ohne Druck weiter anzustrengen - auf freiwilliger Basis. Umarmungen. Wertschätzung auf beiden Seiten. Entspannung. Eva legt sich mit ihrer Mutter auf die Couch und der Vater setzt sich auf den Boden vor die Couch. Dies symbolisiert in der Bildsprache deutlich, dass die männliche Kraft sich nun unterordnet. Es ist warm und sie alle tun einmal gar nichts. 13 Jahre kann integriert werden und die Eva im Hier und Jetzt fühlt sich dadurch, wie sie sagt, vollständiger und mehr wie sie selbst.

Weiter geht die Sitzung mit der Angst vor Mittelmäßigkeit. Diese ergibt sich aus der Frage, wie es für sie sei, wenn sie an Erwartungen und Leistung denke. Da ist also noch etwas, womit wir arbeiten sollten. Das Gefühl sitzt tief in der Brust, sehr klein, warm, schwarz und hart. Es steht still und soll zerkleinert und hinausgeworfen werden.

Angst vor Mittelmäßigkeit entstand mit 10 Jahren

So gelangen wir zu 10 Jahre. In Jeans und schwarzem Oberteil steht sie auf einem Teppich. Es ist der Teppich vor dem Büro ihres Vaters. Dieser wütet und als er sie bemerkt, hält er ihr eine lange Predigt darüber, wie wichtig Leistung im Leben ist. Für Eva mit 10 Jahren eine furchtbare Belastung. Ohne richtig zu verstehen, warum ihr Vater so wütend auf sie ist, lässt sie es erstarrt über sich ergehen und bezieht es auf sich. Etwas scheint mit ihr nicht in Ordnung zu sein, in den Augen es Vaters scheint sie nicht gut genug zu sein. Zumindest ist dies die Botschaft, wie 10 Jahre sie aufnimmt und verinnerlicht: „Ich bin nicht ok, ich bin nicht gut genug“. Diese Annahme arbeitet nun schon seit über zwei Jahrzehnten unterbewusst in ihr. Als tiefer Glaubenssatz über sich selbst, wirkt er täglich auf Eva und ihr Verhalten ein. Er bringt sie immer wieder dazu, über die eigenen Grenzen zu gehen, nur um irgendwann gut genug zu sein. Aber wann ist gut genug?

Die Wendung zum Guten

Zurück zu 10 Jahre und ihrem Vater: In unserer Sitzung darf sie endlich anders reagieren und tut dies auch. Sie stoppt ihren Vater und erklärt ihm, dass es Schwachsinn sei. Dass er seinen Leistungskomplex und seine Minderwertigkeit auf sie übertrage. Sie erklärt ihm, dass sie beide sich nichts beweisen müssen und erinnert ihn an das gelbe Dreieck (das Familiengefühl). Umarmung. Danach möchten sie gemeinsam etwas „nicht-leistungsmäßiges“ machen. Fernsehen wäre super.

Nachdem auch 10 Jahre integriert wurde, fühlt sich Eva im Hier und Jetzt noch viel mehr, wie sie selbst und voll stark.

Auch deine alten Konflikte möchten gelöst werden

Ich hoffe, ich konnte dir damit zum einen die Arbeit mit der Flowering Tree Methode näher bringen und zum anderen aufzeigen, wie ungelöste Konflikte aus der Kindheit aussehen können. Situationen, die für dich als Erwachsener alltäglich sind und kaum Stress hervorrufen, können dich als Kind emotional aus der Bahn werfen. Im späteren Leben sorgen diese offenen Konflikte für Probleme in deinem Leben. Warum tun sie dies, weil sie gesehen und gelöst werden möchten. Vieles was du mit dir herumträgst, kann mittels der Flowering Tree Methode in Luft aufgelöst werden. Nicht nur Ängste, Stress und Druck, auch Rückenschmerzen, Haut- und Magenprobleme. Du merkst schon während der Sitzung, wie der Knoten platzt, wie es in dir arbeitet. Es ist nur dein Verstand, der dir allzu oft im Weg steht, weil in diesem Fall die Vorstellungskraft fehlt, weil er es nicht kennt und nicht einordnen kann.

Fühlen statt denken

Es ist ein großer Unterschied, ob du mit deinem Verstand arbeitest, oder direkt mit dem Gefühl, welches dich blockiert. Du kannst sehr vieles verstehen, auch dass Leistung deinen Selbstwert steigern könnte. Wenn du dich tief in deinem Inneren jedoch minderwertig fühlst, können die größten Erfolge dies nicht ändern. Stattdessen verzweifelst du tief in dir drin sogar noch stärker, weil sich der Erfolg nicht in ein Gefühl der Zufriedenheit umwandeln lässt.
Dazu müsstest du direkt mit deinen Gefühlen arbeiten. Erst, wenn du auf der emotionalen Ebene nicht mehr blockiert bist, kommen die Erfolgserlebnisse auch bei dir an.

Evas Leben nach der Sitzung

Von meinen Klienten zu erfahren, wie sie ihre Veränderung erst auf emotionaler Ebene spüren und dann in Taten umsetzen, ist die größte Freude für mich - mitzubekommen, wie diese Menschen erblühen. So schrieb mir Eva ungefähr zwei Wochen nach der Sitzung folgendes:

„Nicht ich war falsch, sondern mein Selbstanspruch“

„Ich hatte mein Leben lang angenommen, dass ich es war, die falsch war, weil ich diesen Selbstanspruch (der zunehmend größer wurde) nicht erfüllen konnte. Nun habe ich verstanden, dass es der Selbstanspruch war, der absolut falsch war. Utopisch. Nicht angemessen. Zerstörung pur. Ich war wirklich todes-ausgebrannt und habe dann angefangen Speed zu ziehen, um mich noch weiter zu pushen und noch weiter. Eigentlich noch übers Burnout hinaus. Man kanalisiert das ja und ich habe es als Teil meiner Persönlichkeit empfunden, dass ich sehr leistungsorientiert war. Und ich dachte, dass ich es für mich mache. Allerdings hat dieser "Teil" nach und nach mein gesamtes Selbstbild bestimmt. Mir mehr und mehr die Gewissheit ins Bewusstsein gehämmert, ich sei nichts wert. Niemals gut genug. Denn da gab es noch so viel zu erreichen. Doch umso mehr ich von meinen Zielen erreichte, desto höher hängte ich die Messlatte."

„Oft hab ich mich gefühlt, als würde ich ertrinken“

"Ich habe schon zu Unizeiten gemerkt, dass ich mich extrem stresse und unter Druck setze. Ich habe mich oft gefühlt, als würde ich ertrinken. Vor Prüfungen habe ich wochenlang Karteikarten auswendig gelernt, bis ich sogar nachts träumte, falsche Antworten gegeben zu haben. Mehrere Nächte hintereinander bin ich deswegen aufgewacht, mit Schüttelfrost und Magenkrämpfen. Auch Monate später habe ich mit Schlaf nichts anderes als Panik verbunden. Die Note 1,3 war natürlich nicht gut genug. Ob ich jemals „gut genug“ erreicht hätte? Jemals zufrieden gewesen wäre? Vermutlich nicht.

Ohne anzuerkennen, dass es nicht ich selbst, sondern der Selbstanspruch war, der mein inneres Gefängnis zementierte und mich nicht erkennen ließ, was denn mein Leiden verursachte, wäre ich da niemals herausgekommen. Und ohne die Flowering Tree Methode wäre ich nie zu dieser Erkenntnis gelangt. Die Sitzung hat mir die Augen geöffnet für mein eigenes Leben. Sie hat so viel ins rollen gebracht."

„Endlich ist dieser Druck raus"

"Ich bin immer noch dabei, eine richtige Balance zu finden zwischen Arbeit und Privatleben, aber ich bin extrem froh, dass dieser Druck endlich raus ist. Ich fühle mich so viel freier und sehe jetzt endlich, was ich schon alles geleistet habe und nicht, was ich noch alles leisten muss. Vor allem nicht alles an einem Tag. Ich darf mich sogar mal ausruhen. Das ist so schön, ich weiß gar nicht, wann ich mir das zuletzt gegönnt habe. Ohne schlechtes Gewissen.
Ich bin mir sicher, dass ich all das was ich in meinem Leben erreicht habe, auch ohne diesen Leistungsdruck geschafft hätte, nur halt etwas langsamer. Ich war einfach so dermaßen unentspannt und bin von einem Termin zum nächsten gehetzt. Die Zeit saß mir dabei ständig im Nacken. Heute gehen mir die Dinge viel leichter von der Hand und einiges kann ich sogar schon delegieren. Ich bin erstaunt, wie gut das klappt. Ich bin auch viel geduldiger geworden. Nicht nur mit mir, sondern auch mit meinen Mitarbeitern. Ja, dieser Druck ist endlich raus.

Ich kann noch gar nicht glauben, dass diese eine Sitzung all das bewirkt haben soll, aber es ist so. Ich bin endlich fein mit mir und habe eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Ich habe das Gefühl, ich werde jeden Tag noch klarer. Ich bin so dankbar, dass mich ein Bekannter auf Anja und ihren Artikel in dem Heft „Sein“ aufmerksam gemacht hat. Keine Ahnung, wie mein Leben sonst verlaufen wäre, ich konnte einfach schon nicht mehr.“

Eva ist kein Einzelfall

Je weniger Bestätigung des eigenen Wertes du als Kind erfahren hast, desto wahrscheinlicher suchst du diese für den Rest deines Lebens im außen. Soziale Anerkennung wirkt dann auf dich wie eine Droge.

Du fühlst dich nur wertvoll, wenn du Erfolg hast? Du treibst deinen Körper mit Sport, Diäten, oder Schönheitsoperationen bis zum Äußersten? Du möchtest für das was du besitzt gemocht werden und stolzierst mit Statussymbolen beladen durchs Leben? Du stellst dein eigenes Wohl zurück und kümmerst dich aufopfernd um Mitmenschen, oder deinen Partner?
Fehlt dir die Verbindung zu dir selbst und deinen Bedürfnissen, verlierst du dich schnell in fremden Ansprüchen. Du meinst, nur geliebt zu werden, wenn du dich anpasst, oder etwas bestimmtes leistest. Auch Aggression kann ein Versuch sein, die Zustimmung zu erzwingen. Die unbewussten Mechanismen treiben zu den unterschiedlichsten Taten an. Der tiefe Sinn dahinter ist immer derselbe: Anerkennung und Bestätigung.

Wenn du aufhören möchtest im Außen zu suchen und stattdessen in deinem Inneren finden möchtest, dann melde dich bei mir.

Anja

Der Narzisst – Teil 1

Der Narzisst - Teil 1

Du bist nur Statist in seinem Theaterstück

Der Narzisst* tut alles, um sich aus dem Durchschnitt herauszuheben. Er verabscheut Mittelmäßigkeit. Er strengt sich unheimlich an, etwas besonderes darzustellen, weil eine Stimme in ihm flüstert „Du bist nichts besonderes!“. Diese Stimme ist sein Motor, wirklich alles zu geben, um nach außen zu wirken. Sie sind stets bemüht um ein tadelloses Erscheinungsbild und tun alles für Anerkennung und Bewunderung. In seinem Leben dreht sich alles nur um ihn und das wird sich nie ändern, egal was du tust!

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