Leistungsdruck

Leistungsdruck

Die Angst, nicht gut genug zu sein

Es ist diese innere Stimme, die dich kontinuierlich wissen lässt, nicht gut genug zu sein. Immer wieder treibt sie dich zu Höchstleistungen an. Doch deinem Selbstanspruch genügst du nie. Die Angst zu versagen beherrscht dich und macht dich zu ihrem Abhängigen. Dir und der Welt musst du ständig etwas beweisen.

Ich möchte, anhand eines Fallbeispiels aus meiner Praxis, das Thema Leistungsdruck näher beleuchten. Was steckt dahinter, was richtet er an und was kannst du dagegen tun.

Zu mir kam eine junge Frau*. Sehr erfolgreich, aber mit den eigenen Leistungen nie zufrieden. Obwohl andere sie um ihre Karriere und ihren daraus resultierenden Besitz beneiden, stellt sich das Gefühl der Zufriedenheit bei ihr nie ein.

*Ich nenne sie Eva. Auch in meinen folgenden Artikeln werden weibliche Klienten immer Eva und männliche Klienten Adam heißen.

Ein Beispiel aus der Praxis

Eva ist 32 Jahre und leitet erfolgreich ihr eigenes Unternehmen. Leistung und Erfolg sind für sie schon immer ausschlaggebend. Als Studentin schrieb sie parallel zu ihrem zweiten Master ihre Dissertation. Obwohl ihre Zeit dafür schon kaum ausreichte, bereitete sie darüber hinaus auch schon die Gründung ihres jetzigen Unternehmens vor.
Seit sie denken kann, steht sie unter enormem Druck und hat Angst nicht produktiv genug zu sein, oder zu versagen. Mit den Jahren steigen die eigenen Erwartungen und mit ihnen der gefühlte Leistungsdruck. Um dem noch standhalten zu können, beginnt sie schließlich aufputschende Mittel einzunehmen.
Sie kam zu mir, da sie den Druck nicht mehr aushielt und etwas vermisste. Sie spürte eine Leere in sich und die Angst zu versagen begleitet sie auf Schritt und Tritt. Sie konnte nicht mehr, sie war müde und ausgebrannt.
Trotz ihrer Befürchtung, nach der Arbeit mit mir nicht mehr leistungsfähig zu sein und stattdessen unproduktiv vor sich hin zu vegetieren, nimmt sie all ihren Mut zusammen und startet mit mir in die Sitzung. Dieser geht ein Gespräch voran. Darin besprechen wir, welche Emotionen im Weg stehen und gelöscht werden sollen. 

Die Themen der Sitzung

Angst, auf sich allein gestellt zu sein; Erwartungen; Leistungsdruck; Existenzangst; Minderwertigkeit; Angst, nicht gut genug zu sein; Angst, nicht produktiv genug zu sein

Die Flowering Tree Methode

Bevor ich auf die Sitzung eingehe, möchte ich dir eine kurze Einführung in die Arbeit mit der Flowering Tree Methode geben:
Die Sitzung beginnt immer mit dem blockierendsten Gefühl. Zu dieser Emotion stelle ich Fragen und mit jeder Antwort versinkt der Klient mehr und mehr in sein Innerstes. Bis zu einem entspannten Zustand der Selbstvertiefung, einer Art Trance. Währenddessen hat dieser die volle Kontrolle über Körper und Geist. Die Arbeit mit der Metapher führt uns zu seinem verletzten inneren Kind und zu genau der Situation, in der das hemmende Gefühl entstand. Sein jüngeres Selbst weiß ganz genau, was es zur Lösung der belastenden Situation braucht und bekommt dies nachträglich geschenkt. So kann sich der alte Konflikt lösen und mit ihm das nagende Gefühl im Hier und Jetzt. So kommt der Klient zu neuen Energieressourcen, mehr Bewusstsein und Liebe für sich selbst.

Die Sitzung zum Leistungsdruck

Wir beginnen die Sitzung mit der Versagensangst. Über die daraus gebildete Metapher gelangen wir an Evas Unterbewusstsein. Unsere Arbeit führt uns schnell zu ihrem Erwartungsdruck. Dabei stellt sich heraus, dass ihr das Familienglück fehlt: Diese Emotion zeichnet sich als ein gelbes Dreieck mit abgerundete Kanten. Wie sie mir im Nachgespräch erklärt, steht eine Ecke für ihren Vater, eine für ihre Mutter und eine für sie selbst. Dieses Dreieck befindet sich außerhalb. Sie nimmt es in sich auf und mit ihm das Familiengefühl. Dieses breiten wir ganz in ihrem Körper aus. Im nächsten Schritt widmen wir uns der Panik. Diese kommt immer dann auf, wenn sie an ihren Selbstanspruch denkt. Wir bilden aus ihr die nächste Metapher: Ein langer Pfeil, der zwischen Brust und Hals sitzt. Eigentlich nur eine Pfeilspitze, schwarz, glatt und eher matt. Sie steht still. Eva zerschlägt sie in ihrer Vorstellung und die Reste lösen sich auf. Mit dem Verschwinden der Metapher gelangen wir zu der Situation, in der die Panik ursprünglich entstand:

Von der Metapher zum verletzten inneren Kind

Das verletzte innere Kind ist 13 Jahre, trägt einen schwarzen Pullover und eine beigefarbene Hose. Die kleine Eva sitzt wie versteinert auf der Couch in ihrem damaligen Jugendzimmer. Sie hört ihre Eltern schreien und streiten. Es geht um sie.
Seit nunmehr 19 Jahren steckt dieser dissoziierte Ich-Anteil in dieser Situation fest. Um entdeckt zu werden, sendet er das beklemmende Gefühl der Panik und Versagensangst.

Die 32-jährige Eva neben mir erinnert sich nun auch bewusst an diese Situation und sagt mir, dass es sich um den Tag handeln müsse, an dem sie eine 6 in Mathematik nach Hause brachte. Ihre Leistungen waren bisher tadellos, so herrschte an diesem Tag Chaos und sie befindet sich hilflos mittendrin. Dass dieser Tag so viel Einfluss auf ihr Verhalten und ihr Fühlen haben würde, hätte sie nicht für möglich gehalten.

Zurück zu 13 Jahre. Sie blieb damals verängstigt und versteinert in ihrem Zimmer und schwor sich, unter keinen Umständen noch einmal für eine derartige Situation verantwortlich zu sein. Nie wieder sollte ihre mangelnde Leistung für Ärger sorgen.
Doch während unserer Sitzung darf sie endlich so handeln, wie sie es damals schon gern getan hätte, sich aber nicht getraute.

Die positive Auflösung des alten Konfliktes

13 Jahre löst sich aus der Erstarrung und geht zu ihren Eltern. In dem Moment hören diese auf zu streiten. Eva versucht sie zu beruhigen und beginnt dann selbst zu schreien. Sie macht ihren Eltern deutlich, dass die Note nicht so wichtig sei, dass sie selbst viel mehr wert sei, als diese blöde 6 in Mathe. Es kommt zum Streit. Sie leugnen, ihre Tochter nur auf ihre Leistungen zu reduzieren. Eva akzeptiert diese Ausrede nicht und entgegnet, dass es zu offensichtlich sei, dass es ständig nur um Leistung gehe. Der Vater entschuldigt sich bei ihr, dass er dieses Gefühl vermittelt. Umarmung. Daraufhin verspricht Eva ihrem Vater sich auch ohne Druck weiter anzustrengen - auf freiwilliger Basis. Umarmungen. Wertschätzung auf beiden Seiten. Entspannung. Eva legt sich mit ihrer Mutter auf die Couch und der Vater setzt sich auf den Boden vor die Couch. Dies symbolisiert in der Bildsprache deutlich, dass die männliche Kraft sich nun unterordnet. Es ist warm und sie alle tun einmal gar nichts. 13 Jahre kann integriert werden und die Eva im Hier und Jetzt fühlt sich dadurch, wie sie sagt, vollständiger und mehr wie sie selbst.

Weiter geht die Sitzung mit der Angst vor Mittelmäßigkeit. Diese ergibt sich aus der Frage, wie es für sie sei, wenn sie an Erwartungen und Leistung denke. Da ist also noch etwas, womit wir arbeiten sollten. Das Gefühl sitzt tief in der Brust, sehr klein, warm, schwarz und hart. Es steht still und soll zerkleinert und hinausgeworfen werden.

Angst vor Mittelmäßigkeit entstand mit 10 Jahren

So gelangen wir zu 10 Jahre. In Jeans und schwarzem Oberteil steht sie auf einem Teppich. Es ist der Teppich vor dem Büro ihres Vaters. Dieser wütet und als er sie bemerkt, hält er ihr eine lange Predigt darüber, wie wichtig Leistung im Leben ist. Für Eva mit 10 Jahren eine furchtbare Belastung. Ohne richtig zu verstehen, warum ihr Vater so wütend auf sie ist, lässt sie es erstarrt über sich ergehen und bezieht es auf sich. Etwas scheint mit ihr nicht in Ordnung zu sein, in den Augen es Vaters scheint sie nicht gut genug zu sein. Zumindest ist dies die Botschaft, wie 10 Jahre sie aufnimmt und verinnerlicht: „Ich bin nicht ok, ich bin nicht gut genug“. Diese Annahme arbeitet nun schon seit über zwei Jahrzehnten unterbewusst in ihr. Als tiefer Glaubenssatz über sich selbst, wirkt er täglich auf Eva und ihr Verhalten ein. Er bringt sie immer wieder dazu, über die eigenen Grenzen zu gehen, nur um irgendwann gut genug zu sein. Aber wann ist gut genug?

Die Wendung zum Guten

Zurück zu 10 Jahre und ihrem Vater: In unserer Sitzung darf sie endlich anders reagieren und tut dies auch. Sie stoppt ihren Vater und erklärt ihm, dass es Schwachsinn sei. Dass er seinen Leistungskomplex und seine Minderwertigkeit auf sie übertrage. Sie erklärt ihm, dass sie beide sich nichts beweisen müssen und erinnert ihn an das gelbe Dreieck (das Familiengefühl). Umarmung. Danach möchten sie gemeinsam etwas „nicht-leistungsmäßiges“ machen. Fernsehen wäre super.

Nachdem auch 10 Jahre integriert wurde, fühlt sich Eva im Hier und Jetzt noch viel mehr, wie sie selbst und voll stark.

Auch deine alten Konflikte möchten gelöst werden

Ich hoffe, ich konnte dir damit zum einen die Arbeit mit der Flowering Tree Methode näher bringen und zum anderen aufzeigen, wie ungelöste Konflikte aus der Kindheit aussehen können. Situationen, die für dich als Erwachsener alltäglich sind und kaum Stress hervorrufen, können dich als Kind emotional aus der Bahn werfen. Im späteren Leben sorgen diese offenen Konflikte für Probleme in deinem Leben. Warum tun sie dies, weil sie gesehen und gelöst werden möchten. Vieles was du mit dir herumträgst, kann mittels der Flowering Tree Methode in Luft aufgelöst werden. Nicht nur Ängste, Stress und Druck, auch Rückenschmerzen, Haut- und Magenprobleme. Du merkst schon während der Sitzung, wie der Knoten platzt, wie es in dir arbeitet. Es ist nur dein Verstand, der dir allzu oft im Weg steht, weil in diesem Fall die Vorstellungskraft fehlt, weil er es nicht kennt und nicht einordnen kann.

Fühlen statt denken

Es ist ein großer Unterschied, ob du mit deinem Verstand arbeitest, oder direkt mit dem Gefühl, welches dich blockiert. Du kannst sehr vieles verstehen, auch dass Leistung deinen Selbstwert steigern könnte. Wenn du dich tief in deinem Inneren jedoch minderwertig fühlst, können die größten Erfolge dies nicht ändern. Stattdessen verzweifelst du tief in dir drin sogar noch stärker, weil sich der Erfolg nicht in ein Gefühl der Zufriedenheit umwandeln lässt.
Dazu müsstest du direkt mit deinen Gefühlen arbeiten. Erst, wenn du auf der emotionalen Ebene nicht mehr blockiert bist, kommen die Erfolgserlebnisse auch bei dir an.

Evas Leben nach der Sitzung

Von meinen Klienten zu erfahren, wie sie ihre Veränderung erst auf emotionaler Ebene spüren und dann in Taten umsetzen, ist die größte Freude für mich - mitzubekommen, wie diese Menschen erblühen. So schrieb mir Eva ungefähr zwei Wochen nach der Sitzung folgendes:

„Nicht ich war falsch, sondern mein Selbstanspruch“

„Ich hatte mein Leben lang angenommen, dass ich es war, die falsch war, weil ich diesen Selbstanspruch (der zunehmend größer wurde) nicht erfüllen konnte. Nun habe ich verstanden, dass es der Selbstanspruch war, der absolut falsch war. Utopisch. Nicht angemessen. Zerstörung pur. Ich war wirklich todes-ausgebrannt und habe dann angefangen Speed zu ziehen, um mich noch weiter zu pushen und noch weiter. Eigentlich noch übers Burnout hinaus. Man kanalisiert das ja und ich habe es als Teil meiner Persönlichkeit empfunden, dass ich sehr leistungsorientiert war. Und ich dachte, dass ich es für mich mache. Allerdings hat dieser "Teil" nach und nach mein gesamtes Selbstbild bestimmt. Mir mehr und mehr die Gewissheit ins Bewusstsein gehämmert, ich sei nichts wert. Niemals gut genug. Denn da gab es noch so viel zu erreichen. Doch umso mehr ich von meinen Zielen erreichte, desto höher hängte ich die Messlatte."

„Oft hab ich mich gefühlt, als würde ich ertrinken“

"Ich habe schon zu Unizeiten gemerkt, dass ich mich extrem stresse und unter Druck setze. Ich habe mich oft gefühlt, als würde ich ertrinken. Vor Prüfungen habe ich wochenlang Karteikarten auswendig gelernt, bis ich sogar nachts träumte, falsche Antworten gegeben zu haben. Mehrere Nächte hintereinander bin ich deswegen aufgewacht, mit Schüttelfrost und Magenkrämpfen. Auch Monate später habe ich mit Schlaf nichts anderes als Panik verbunden. Die Note 1,3 war natürlich nicht gut genug. Ob ich jemals „gut genug“ erreicht hätte? Jemals zufrieden gewesen wäre? Vermutlich nicht.

Ohne anzuerkennen, dass es nicht ich selbst, sondern der Selbstanspruch war, der mein inneres Gefängnis zementierte und mich nicht erkennen ließ, was denn mein Leiden verursachte, wäre ich da niemals herausgekommen. Und ohne die Flowering Tree Methode wäre ich nie zu dieser Erkenntnis gelangt. Die Sitzung hat mir die Augen geöffnet für mein eigenes Leben. Sie hat so viel ins rollen gebracht."

„Endlich ist dieser Druck raus"

"Ich bin immer noch dabei, eine richtige Balance zu finden zwischen Arbeit und Privatleben, aber ich bin extrem froh, dass dieser Druck endlich raus ist. Ich fühle mich so viel freier und sehe jetzt endlich, was ich schon alles geleistet habe und nicht, was ich noch alles leisten muss. Vor allem nicht alles an einem Tag. Ich darf mich sogar mal ausruhen. Das ist so schön, ich weiß gar nicht, wann ich mir das zuletzt gegönnt habe. Ohne schlechtes Gewissen.
Ich bin mir sicher, dass ich all das was ich in meinem Leben erreicht habe, auch ohne diesen Leistungsdruck geschafft hätte, nur halt etwas langsamer. Ich war einfach so dermaßen unentspannt und bin von einem Termin zum nächsten gehetzt. Die Zeit saß mir dabei ständig im Nacken. Heute gehen mir die Dinge viel leichter von der Hand und einiges kann ich sogar schon delegieren. Ich bin erstaunt, wie gut das klappt. Ich bin auch viel geduldiger geworden. Nicht nur mit mir, sondern auch mit meinen Mitarbeitern. Ja, dieser Druck ist endlich raus.

Ich kann noch gar nicht glauben, dass diese eine Sitzung all das bewirkt haben soll, aber es ist so. Ich bin endlich fein mit mir und habe eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Ich habe das Gefühl, ich werde jeden Tag noch klarer. Ich bin so dankbar, dass mich ein Bekannter auf Anja und ihren Artikel in dem Heft „Sein“ aufmerksam gemacht hat. Keine Ahnung, wie mein Leben sonst verlaufen wäre, ich konnte einfach schon nicht mehr.“

Eva ist kein Einzelfall

Je weniger Bestätigung des eigenen Wertes du als Kind erfahren hast, desto wahrscheinlicher suchst du diese für den Rest deines Lebens im außen. Soziale Anerkennung wirkt dann auf dich wie eine Droge.

Du fühlst dich nur wertvoll, wenn du Erfolg hast? Du treibst deinen Körper mit Sport, Diäten, oder Schönheitsoperationen bis zum Äußersten? Du möchtest für das was du besitzt gemocht werden und stolzierst mit Statussymbolen beladen durchs Leben? Du stellst dein eigenes Wohl zurück und kümmerst dich aufopfernd um Mitmenschen, oder deinen Partner?
Fehlt dir die Verbindung zu dir selbst und deinen Bedürfnissen, verlierst du dich schnell in fremden Ansprüchen. Du meinst, nur geliebt zu werden, wenn du dich anpasst, oder etwas bestimmtes leistest. Auch Aggression kann ein Versuch sein, die Zustimmung zu erzwingen. Die unbewussten Mechanismen treiben zu den unterschiedlichsten Taten an. Der tiefe Sinn dahinter ist immer derselbe: Anerkennung und Bestätigung.

Wenn du aufhören möchtest im Außen zu suchen und stattdessen in deinem Inneren finden möchtest, dann melde dich bei mir.

Anja