Sexismus – Angst vor Schwäche

Sexismus - Angst vor Schwäche

Teil I: Abgrenzung von der Weiblichkeit

 

Der ein oder andere kann das Thema Sexismus vielleicht schon nicht mehr hören. Diesem Thema kann man jedoch nicht genug Aufmerksamkeit schenken, da sexistisches Verhalten immer noch allgegenwärtig ist.

Mit diesem Artikel möchte ich darauf eingehen was hinter Sexismus steckt. Wem dient er und zu welchem Zweck. Woran liegt es, dass leichtfertig über Menschen geurteilt wird, auf Basis ihres Geschlechts. Beginnen möchte ich mit der Frage, was wir unter Sexismus verstehen. 

Was unter Sexismus verstanden wird

Sexismus ist ein Abwehrmechanismus und Ablenkungsmanöver zur Verschleierung eigener Minderwertigkeit. Er ist das Ergebnis einer Angst vor der Destabilisierung der Männlichkeit. Sexismus ist ein Werkzeug zur Machtausübung und eigenen Aufwertung durch Entwertung weiblicher Attribute. Es ist die Diskriminierung der Weiblichkeit.

Macht hat in unserer Gesellschaft ein anderes Ansehen, als Emotionalität. Welchem Geschlecht in aller Regel die Macht und wem die Emotionalität zugeschrieben wird ist sicherlich jedem klar.

Sexismus kann sich zwar auch gegen Männer richten, allerdings sind primär Frauen davon betroffen. Frauen gelten in einer emanzipierten Gesellschaft zwar immerhin schon als „gleich gestellt“, müssen sich dabei aber an männlich geprägten Normen und Verhaltensmustern messen lassen.

Es gibt den traditionellen Sexismus, die offene, auf das Geschlecht bezogene Diskriminierung bezeichnet, für jeden offensichtlich. Der moderne Sexismus ist häufig sehr viel subtiler, häufig als Humor getarnt. Wer nicht darüber lachen kann, wird dann als empfindlich oder humorlos dargestellt.

Sexismus und die eigene Minderwertigkeit

Die ablehnende Haltung gegenüber Emotionalität und vermeintlicher Schwäche hat Minderwertigkeit als Ursache. Es sind die verinnerlichten Glaubenssätze „Ich bin nicht gut genug“ „Ich bin nicht ok, so wie ich bin“.

Minderwertigkeit ist die Angst, ein anderer könnte „besser“ sein. Wäre dann auch noch ein vermeintlich Schwächerer besser, muss dieser schnellstens entwertet werden, um sich stark zu fühlen und so von dieser Angst zu befreien.

Nur wer sich minderwertig und unterlegen fühlt, muss sich aufwerten, indem er andere verspottet und klein macht. Vorurteile und Verallgemeinerungen dienen einzig, sich selbst hervorzutun und aufzuwerten. Meist werden dabei die Grenzen des guten Geschmacks überschritten, ohne dass es der Sexist selbst bemerkt.

Sexismus: Männlichkeit vs Weiblichkeit

Eigenschaften, die eher dem Mann zugeschrieben werden genießen in unserer Gesellschaft auch heute noch höheres Ansehen, als weibliche Eigenschaften.

Männlichkeit steht allgemein für Stärke, Überlegenheit, Rationalität, Entschlusskraft und Macht. Weiblichkeit steht für Schönheit, Warmherzigkeit, Sensibilität und Emotionalität, was häufig mit Schwäche und Naivität gleichgesetzt wird.

Der sexistische Mann und die sexistische Frau teilen den Wunsch, stark, überlegen und unabhängig zu wirken. Sexismus ist ein meist unbewusst genutztes Mittel zur Machtausübung, um selbst nicht in das Gefühl der Schwäche rutschen zu müssen.

Yin und Yang

Männlichkeit kann ebenso durch eine Frau und Weiblichkeit durch einen Mann verkörpert werden. Jeder Mensch trägt sowohl weibliche, als auch männliche Anteile in sich, welche möglichst im Einklang zueinander stehen sollten.

Bist du in dieser Balance, musst du dich weder von der Männlichkeit noch von der Weiblichkeit abgrenzen, sondern akzeptierst beide Anteile gleichermaßen. Akzeptierst du dich selbst, wie du bist, kannst du auch andere so akzeptieren, wie sie sind. Akzeptanz setzt also Selbstakzeptanz voraus.

Bei dem sexistischen Mann und der sexistischen Frau ist dies leider nicht der Fall. Sie können ihre eigene weibliche Seite nicht akzeptieren und somit können sie es bei anderen auch nicht. Sie müssen einen Weg finden, sich von der Weiblichkeit abzugrenzen.

Je größer die Angst, selbst als schwach zu gelten, desto wichtiger ist die Abgrenzung von den Attributen der Weiblichkeit. Einfaches Mittel: Sexismus.

Die tief sitzende Angst vor der Weiblichkeit

Die eigene stark ausgeprägte Minderwertigkeit und Scham des Sexisten hat als Symptom einige Ängste zur Folge: Angst nicht gut genug zu sein, Angst vor Bewertung und Ausgrenzung, Angst vor Kontrollverlust, Angst das Gesicht zu verlieren. Die größte Angst ist jedoch die vor der Weiblichkeit, davor als emotional und somit schwach wahrgenommen zu werden.

Es ist eine tief sitzende Angst als Schwächling, Weichei, Heulsuse dazustehen und infolgedessen unterlegen und verwundbar zu sein. Um sich ihr nicht selbst ausgeliefert zu wühlen, reagieren sexistische Männer und Frauen mit Abwertung: Sexistische Zoten und das Gelächter darüber sind ihr Kampfmittel. Angriff ist ihre Verteidigung.

Sexismus: Flucht oder Angriff

Sexismus ist ein Symptom der Angst. Um der Angst zu entfliehen gibt es zwei Reaktionsmöglichkeiten: Flucht oder Angriff.

Flucht ist die passive Art zu reagieren. Bezogen auf die Weiblichkeit wäre es die Unterordnung oder Verschmelzung. Die Weiblichkeit wird idealisiert und sich ihr angepasst. Das Ego wird mit Egoismus verwechselt und man verbietet sich die Männlichkeit. Sie ist aggressiv und dumm. 

Ist der männliche Anteil bei zum Beispiel einem Mann unterentwickelt, fungiert er für die Frau meist als bester Freund. Es mangelt an Durchsetzungskraft und er möchte der Frau gefallen, indem er sich anpasst. Er kann sich nur schwer abgrenzen und hat Angst nein zu sagen. Auch dies schafft und hält Abstand, eine wirkliche Begegnung findet nicht statt.

Angriff ist die aktive Reaktionsmöglichkeit und in diesem Fall der Sexismus selbst. Um die Ungleichheit zu demonstrieren, muss die Weiblichkeit entwertet und diskriminiert werden. So kann die eigene Angst für einen Moment dem Gefühl der Überlegenheit und Macht weichen, die Situation ist unter Kontrolle. Ganz nach dem Motto: Sexismus als Angriff gegen die Weiblichkeit ist die beste Verteidigung der eigenen Männlichkeit.

Angst vor der Weiblichkeit seitens der Frau

Lehnt eine Frau ihre eigene weiche, feminine Seite ab und lebt vor allem ihren männlichen Anteil, ist bewusst oder unbewusst Angst vor Schwäche im Spiel.

Dies hängt meist mit der Kindheit zusammen. Der erste Kontakt mit der Weiblichkeit ist die Mutter. Das Verhältnis zu ihr ist entscheidend für die spätere Entwicklung.

Wird sie vom Kind als emotional unterkühlt und wenig liebevoll wahrgenommen, ist die Abgrenzung von der eigenen Weiblichkeit ein Schutzmechanismus, um die damit verbundenen Emotionen nicht so stark spüren zu müssen. Weichheit und Emotionalität werden als Hilflosigkeit und Schmerz erfahren. Weil man beides nicht mehr fühlen möchte, muss es verdrängt werden.

Natürlich kann es auch andere Gründe geben, weshalb Weiblichkeit als Nachteil oder Schutzlosigkeit empfunden wird. Welche Ursache es auch hat, Härte und Dominanz sollen als Schutzpanzer der Verletzlichkeit dienen.

Die Abgrenzung von der eigenen Weiblichkeit allein macht natürlich noch keine Sexistin, ist jedoch die Voraussetzung.

Angst vor der Weiblichkeit seitens des Mannes

Der Mann identifiziert sich lieber mit Stärke und Macht, während Emotionen ihn als Weichei kennzeichnen könnten. Weiblichkeit wird deshalb meist unbewusst als Bedrohung der eigenen Männlichkeit erlebt und muss abgewehrt werden.

Männlichkeit ist ein kulturelles und soziales Konstrukt, welches sich je nach Zeitalter und Region variiert.

Eine Tatsache besteht jedoch unveränderlich und vereint alle Männer: Mannsein ist Nicht-Frausein. Die eigene männliche Identität gewinnt der Mann in der Umkehr weiblicher Denk-, Fühl und Verhaltensweisen.

Angst vor Schwäche hat auch bei Männern ihren Ursprung in der Kindheit. In den ersten Lebensjahren sind sie von der Weiblichkeit abhängig. Die Mutter sorgt für körperliche, emotionale und geistige Zuwendung und Pflege. Schafft es der Vater nicht den Ausgleich zu schaffen und als männliches Vorbild zu fungieren, stärkt es die Abhängigkeit von der weiblichen Kraft. Die, von der man sich abhängig fühlt, wird mächtig, hat Macht über einen. Und eben dieses Abhängigkeitsgefühl erzeugt Angst. Um nicht an sie erinnert zu werden, muss sich der Mann stark von dem abgrenzen, was er fürchtet - der Weiblichkeit. Wem er sich überlegen fühlt, vor dem braucht er sich nicht (mehr) zu fürchten.

Machtstreben

Wer nach Macht strebt fühlt sich im Inneren klein und unbedeutend. Glaubensmuster wie „Ich bin dir ausgeliefert“ „Ich bin ohnmächtig“ „Ich kann mich nicht wehren“ „Ich genüge nicht“ „Ich darf keine Fehler machen“„Ich komme zu kurz“ „Ich muss alles unter Kontrolle haben“ wurden schon früh verinnerlicht.

Machtstreben ist bei Menschen zu finden die sich der Übermacht ihrer Eltern häufig ausgeliefert fühlten und als Kind zu kurz kamen. Der Sexist wird sich schon früh der Übermacht der Weiblichkeit ausgeliefert gefühlt haben.

Als Erwachsener hat er deshalb Angst in Situationen zu geraten, wo er angegriffen oder vernichtet werden könnte und infolgedessen als schwach gelten könnte. Er darf auf keinen Fall in Berührung mit dem Gefühl von Unterlegenheit kommen. Aus diesem Grund möchte er im zwischenmenschlichen Kontakt immer die Oberhand behalten. Er lässt andere gern auflaufen und fügt dem Gegenüber jene Ohnmachtsgefühle zu, die er bei sich selbst unbedingt vermeiden möchtet. Dieses Verhalten setzt auch ein gewisses Aggressionspotential voraus. Somit hat auch Aggression einen Anteil am Sexismus.

Destruktive Aggression

Destruktive Aggression ist ein Verhaltensmuster zur Verteidigung und Gewinnung der Oberhand und dient ebenfalls der Verdrängung von Angst.

Auch dieses Verhalten hat seinen Ursprung in der Kindheit. Es kann durch ein aggressives Umfeld erlernt werden oder entstehen, wenn Kinder keine tragfähigen Beziehungen zu ihren Eltern haben.

Bleiben Bedürfnisse wie Zugehörigkeit, Selbstbestimmung und Wertschätzung als Kind unerfüllt, wird häufig mit Aggression reagiert, welche sogar in Gewaltbereitschaft umschlagen kann.

Es gibt offene Aggression, bei der sich das aggressive Verhalten direkt und spürbar zeigt, für jeden offensichtlich. Und es gibt unterschwellige Aggression. Sie ist subtiler und versteckter, eher verdeckt und täuschend mit einem gewissen Grad an Manipulation einhergehend.

 

Nächste Woche habe ich den zweiten Teil zu sexistischem Verhalten für dich. Darin gehe ich vor allem auf die drei Rollen innerhalb des Sexismus ein, auf ihre Funktion und ob man sich aus diesen Positionen befreien kann.

Bis nächste Woche, ich freue mich auf dich.

Anja

Der Narzisst – Teil 1

Der Narzisst - Teil 1

Du bist nur Statist in seinem Theaterstück

Der Narzisst* tut alles, um sich aus dem Durchschnitt herauszuheben. Er verabscheut Mittelmäßigkeit. Er strengt sich unheimlich an, etwas besonderes darzustellen, weil eine Stimme in ihm flüstert „Du bist nichts besonderes!“. Diese Stimme ist sein Motor, wirklich alles zu geben, um nach außen zu wirken. Sie sind stets bemüht um ein tadelloses Erscheinungsbild und tun alles für Anerkennung und Bewunderung. In seinem Leben dreht sich alles nur um ihn und das wird sich nie ändern, egal was du tust!

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